Journalisten sollten die Feinheiten der Sprache beherrschen. Anderenfalls transportieren sie möglicherweise in ihren Texten eine andere Bedeutung, als sie eigentlich geplant hatten. Vor allem in Polizeiberichten sind solche unfreiwilligen Bedeutungsverschiebungen durch fehlerhafte Anwendung von Wörtern wie „vermutlich“ und „vermeintlich“ oder „mutmaßlich“ nicht gerade selten.
Das Adverb „vermutlich“ besagt, dass jemand wahrscheinlich die angegebene Eigenschaft besitzt, sich der Autor dessen aber nicht sicher ist. Das entsprechende Adjektiv ist „mutmaßlich“.
Das Adjektiv „vermeintlich“ hingegen besagt, dass die betreffende Person fälschlicherweise glaubt, die angegebene Eigenschaft zu besitzen, sich dabei aber im Irrtum befindet. Das entsprechende Adverb ist „angeblich“.
Ohnehin ist die Unterscheidung zwischen Adverb und Adjektiv in der journalistischen Arbeit stark ins Hintertreffen geraten. Besonders extrem ist das bei der inzwischen häufig anzutreffenden Verwendung des Worts „aktuell“ als Adverb, obwohl es sich dabei um ein Adjektiv handelt.
Natürlich kann man viele Adjektive auch adverbial einsetzen, ebenso wie man Adverbien mitunter auch adjektivisch gebrauchen kann. Dabei bedarf es aber eines großen sprachlichen Fingerspitzengefühls, über das viele Schreiberlinge leider nicht in ausreichendem Maß verfügen.
Gute und elegante Sprache ist jedoch ein Ausweis für solide und seriöse journalistische Arbeit. Auch sprachliche Qualität verrät, ob jemand des logischen Denkens und Differenzierens fähig ist oder nicht.
Das Magazin „The New Yorker“ macht vor, dass sprachliche und inhaltliche Qualität im besten Fall zusammengehen, was dann auch zum entsprechenden Erfolg des betreffenden Qualitätsmediums bei einem aufgeklärten Publikum führt. So prüft dort die „Komma-Queen“ jedes Wort und jedes Satzzeichen, während andere jede Information auf ihren Wahrheitsgehalt hin durchleuchten.
Die Mühe zahlt sich aus: Binen kürzester Zeit haben sich die Abonnementszahlen des New Yorker nach dem Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl deutlich gesteigert. Zu hoffen wäre, dass dieses Beispiel in Deutschland auch ohne allzu deutliche Wahlerfolge rassistischer Rechtspopulisten Schule macht.