Problematische Personalisierung: Journalismus sollte nicht so auf die Ampel starren

In der Ampel gibt´s Krach. Das ist ein „gefundenes Fressen“ für „die Medien“. Mehr Einsatz für Klimaschutz hingegen ist da offenbar kein Thema.
Rätselraten über die Position des Bundeskanzlers zu dieser oder jener Frage füllt Kommentarspalten und Sendeminuten im Radio. Wenn Olaf Scholz nichts sagt, dann wird auch daraus noch eine Nachricht. Wenn Robert Habeck und Christian Lindner unterschiedlicher Meinung sind, dann geht diese Nachricht tagelang durch alle Zeitungen und Rundfunksender.
Zwar sind die verheerenden Brände in Südeuropa oder auf Hawai in der Medienberichterstattung durchaus wichtige Themen ebenso wie die genauso verheerenden Fluten in Slowenien, aber die Folgen des Klimaschutzes rangieren trotzalledem nicht auf Platz 1 der Nachrichten. Wichtiger ist vielen Redaktionen die Kritik an Aktionsformen der sogenannten „Letzten Generation“ als deren politische Anliegen und Ziele. Der Krieg in der Ukraine hält sich zu Recht in den Nachrichten, nicht aber die tödliche Bedrohung der gesamten Menschheit durch die Klimakatastrophe.
Schuld daran ist auch die überbordende Personalisierung der Berichterstattung. Zwar ist es unstrittig, dass nahezu jedes Thema dem Lese-
und Hörpublikum durch eine personalisierte Darstellung besser zu vermitteln ist, doch die Konzentration auf einige wenige Politikerinnen und Politiker lenkt letztlich ab von den Folgen der Entscheidungen, die sie treffen. Das ist leider eine alte, aber längst noch nicht durchgedrungene Erkenntnis im Journalismus.
Angesichts der beinahe betonmäßig begrenzten Berichterstattung auf einige wenige Handelnde – oder Nicht-Handelnde – in Berlin ist das zynisch und undemokratisch. Nicht die Regierenden sind der Souverän, sondern die Regierten. Ihnen muss seriöser demokratischer Journalismus mehr Aufmerksamkeit widmen.
Der Sachberichterstattung ist er aber in allererster Linie verpflichtet. Darum sollten seriöse Redaktionen auch mehr Interviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern führen, die über den Klimawandel und seine möglichen Folgen aufklären. Ganz nebenbei wäre das dann auch eine Personalisierung, die aber mehr Substanz hätte als die Konzentration auf das inhaltsleere Geschwätz nichtssagender Taktierer im Kanzleramt.

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