„Kontrollverlust“ ist das Wort der Stunde. Mit „drohendem Kontrollverlust“ rechtfertigen Verantwortliche unverantwortliches Vorgehen gegen Menschen an der griechisch-türkischen Grenze.
Bilder von Tränengas gegen Kinder kursieren in den Medien. Tausende harren in Kälte und Regen as, um die Türkei in Richtung EU zu verlassen. Sie haben sich auf Äußerungen des türkischen Präsidenten Rezep Tayb Erdogan verlassen, die Grenzen zur Europäischen Union (EU) seien offen.
Griechische Polizei und Militär wehren den „Ansturm“ ab. Brutal gehen sie gegen jeden vor, der es geschafft hat, die Grenze trotz waffenstarrender „Grenzschützer“ zu überqueren. Menschenrecht hat die griechische Regierung kurzerhand ausgesetzt.
Von „Kontrolle“ zeugt dieses flagrant rechtswidriege Verhalten nicht. „Kontrolle“ wäre eher die gezielte Überprüfung geflüchteter Menschen in einem zivilisierten Verfahren. Eine Ausweiskontrolle ist in der aufgeheizten Situation an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei aber gar nicht mehr möglich.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner befürchtet einen „Kontrollverlust“, wenn die griechischen Behörden nicht brutal gegen die Flüchtlinge vor ihren Grenzen vorgehen. Einen „Kontrollverlust“ wie 2015 dürfe es nicht mehr geben, warnen viele Politiker mit latent rassistischem Unterton. Dabei hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 nur das geduldet, was sie sowieso nicht verhindern konnte.
Während die Menschen in Hanau um die Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar trauern, gießen Lindner und andere weiterhin Öl ins Feuer. Sie befördern Rassismus, indem sie das Schießen auf Menschen gutheißen oder zumindest nicht eindeutig ablehnen. Wie würden die selben Leute laut zetern, würde dort auf deutsche Staatsbürger geschossen!
Längst ist jedem vernünftigen Menschenklar, dass es ebensowenig einen lückenlosen schutz vor Terror geben kann wie eine Kontrolle über die Natur. Doch „Demut“ haben die neoliberalen Großsprecher aus ihrem Wortschatz ebenso verbannt wie „Solidarität“.
„Kontrolle“ hingegen ist das lautstark verkündete Lieblingswort vieler rücksichtsloser „Law-and-Order“-Hardliner. Sie mimen den „starken Mann“, der „Alles im Griff“ hat. Dabei blenden sie geflissentlich aus, dass kein Mensch „Alles unter Kontrolle“ haben kann.
Das Coronavirus und die verheerenden Buschbrände in Australien wie auch der rasant voranschreitende Klimawandel führen die Selbsttäuschung einer angeblichen „Kontrolle“ der Welt durch den Menschen eindrucksvoll ad Absurdum. Menschen sind Teil der Natur und nicht ihre Kontrolleure. Einen „Kontrollverlust“ kann es gar nicht geben,weil Menschen noch nie wirklich die Kontrolle hatten über ihr Leben.