„Die Schutzbedürftigen mehr in den Blick nehmen“ möchte Richard Arnold. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd fordert ein Umdenken bei der Strategie zum Umgang mit dem Coronavirus.
Im Deutschlandfunk Kultur erklärte Arnold am Dienstag (3. November), man solle Heimbewohner durch eine massenhafte Anwendung von Corona-Schnelltests „schützen“. Dann könne man andere Bereiche trotz steigender Infektionszahlen offen halten, meinte er.
Das Wort „Schutzbedürftige“ klingt bei einer solchen Argumentation sehr ausgrenzend. Selbstverständlich sind alle Menschen „schutzbedürftig“ gegenüber der Verbreitung des gefährlichen Krankheitserregers. Engt man jedoch den „Schutz“ auf sogenannte „Risikogruppen“ oder bestimmte Teile der Bevölkerung ein, dann stellt man damit die gesellschaftliche Solidarität aller füreinander zur Disposition.
Genauer betrachtet suggeriert das Wort „Schutzbedürftige“ als Kennzeichnung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, dass die Betroffenen eines besonderen Schutzes bedürften, während alle anderen dann vermutlich „für sich selbst sorgen“ müssten. Das ist gleichzeitig eine gefährlich sozialdarwinistische Sicht und ein Ausdruck eines paternalistischen Ableismus. Eines demokratisch gewählten Oberbürgermeisters in einem zivilisierten Land sind solche Sichtweisen unwürdig.
Zu hoffen ist, dass Oberbürgermeister Arnold für den Schutz aller Menschen in seiner Stadt ohne Ansehen ihrer Fähigkeiten und ihrer gesundheitlichen Prädisposition eintritt. Wünschenswert wäre, wenn er noch einmal darüber nachdächte, wie seine Argumentation menschenverachtenden Vernichtungsideologien von einem angelich „lebensunwerten Leben“ oder der Aussonderung von Menschen durch „Triage“ Vorschub leistet. Notwendig ist in dieser Pandemie, dass alle sich und alle anderen vor einer Ansteckung schützen, weil alle Infizierten das Virus sonst an viele andere Menschen weitergeben können.