Kuratieren: Ein misslungenes Modewort für Kümmerer

Mitunter geistern Modewörter inflationär durch Medien und die alltägliche Sprache. Solch ein Modewort ist das Verb „Kuratieren“.
Einen „Kurator“ oder eine „Kuratorin“ kennen Kunstbeflissene schon seit Jahrzehnten. Bei ihnen handelt es sich um diejenigen Leute, die eine Ausstellung zusammenstellen. Meist stellen sie die eigentliche Geisteskraft in Museeen dar, die die Richtung der museualen Arbeit angibt und mitunter originelle oder hochwirksame museumspädagogische Konzepte entwickelt.
Da dieses Wort so wunderbar nach lateinischem Fremdwort klingt, greifen in jüngster Zeit immer mehr andere Einrichtungen auf Kuratoren zurück: Musik-
und Filmfestivals oder Veranstaltungsreihen werden neuerdings hochtrabend „kuratiert“.
All diejenigen, die das Verb „Kuratieren“ benutzen, beweisen mit diesem Angeberwort aber, dass sie der laeinischen Sprache nicht mächtig sind. Zwar ist der „Kurator“ tatsächlich ein Lehnswort aus dem Lateinischen, aber das zugehörige Verb heißt „curare“. Im Deutschen hat das Verb „Kurieren“ aber nur die Bedeutung von „Heilen“ und nicht die des lateinischen Verbs für „Kümmern“.
Ein Kurator ist ein „Kümmerer“. Er sorgt sich um eine wichtige Aufgabe und entscheidet dabei, was zu ihrer Erfüllung nötig ist. Dabei wählt er unter mehreren Möglichkeiten die – seines Erachtens – Richtige aus.
So verfährt ein Arzt bei der Behandlung von Patienten ebenso wie ein Museumsbediensteter bei der Zusammenstellung von Ausstellungen oder der Verantwortliche für ein Festival bei der Erstellung des jeweiligen Programms. Auf gut Deutsch stellen sie alle ein Konzept zusammen, das möglichst genau die erwünschte Wirkung erzeugen soll.
„Kuratieren“ jedoch ist eine Verballhornung der lateinischen Sprache zu einem Pseudo-Fremdwort. Für die Ohren von Menschen mit einem Latinum klingt es wie „kümmerieren“ oder „zusammenstellungieren“.
Schön klingt dagegen die Wortschöpfung des Inklusions-Aktivisten Raul Krauthausen für seinen Newsletter. Der behinderte Hans Dampf in allen Gassen ersetzte die anfangs verwendete Bezeichnung „mit kuratierten Links“ durch „mit handgepflückten Links“. Große Sympathie erzeugt die Vorstellung, dass der große kleine Mann mit seinem Rollstuhl durch das Internet fährt und die Links dabei wie Obst von den Bäumen pflückt.
Fazit der Debatte um Modewörter könnte die Mahnung sein, sich besser nicht mit fremden Fremdwörtern hervortun zu wollen. Bei „Interlecktuelle“ könnten sich Möchtegern-Intelektuelle genauso blamieren wie bei „kuratierten“ Kuriositäten.

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