Den Rechtsstaat nicht genug geschützt: Mit Medien hart ins Gericht gegangen

Medien gelten gemeinhin als 4. Gewalt im demokratischen Staat. Allzu oft kommen sie dieser Aufgabe aber nur unzureichend nach. Vielen Medienschaffenden mangelt es an den elementarsten Kenntnissen zum Rechtsstaat.
Sonnenklar sollte sein, dass rechtskräftige Gerichtsurteile ohne wenn und aber umzusetzen sind. Man mag Gerichte durchaus kritisieren, aber ihre Urteile kann man entweder in der nächsten Instanz anfechten oder muss sie sonst befolgen. Das hindert nicht daran, sie inhaltlich für „problematisch“ oder „falsch“ zu erklären.
Dennoch muss seriöser Journalismus Gerichtsurteile achten. Eine Nichtbefolgung rechtskräftiger Urteile muss er anprangern. Wenn Behörden Urteile missachten oder Gerichte hintergehen, dann stellen sie damit den Rechtsstaat in Frage.
Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist jedoch eine unerlässliche Grundbedingung für den demokratischen Rechtsstaat. Würde jede Behörde nach Lust und Laune nur solche Urteile umsetzen, die ihr gefällt, entstünde eine Willkürherrschaft in einem Obrigkeitsstaat.
Allein der funktionierende Rechtsstaat ist die Voraussetzung für Meinungsfreiheit und investigativen Journalismus. Die Gewaltentrennung in Legislative, Exekutive und Jurisdiktion ist Bedingung dafür, dass neben diesen drei Staatsgewalten als vierte Säule auch die freie Berichterstattung blühen kann.
Peinlich ist, wenn Medien über Gerichte und deren Urteile berichten, ohne auch nur die geringsten Grundkenntnisse des Rechtssystems zu berücksichtigen. Juristen mögen ja die Stirn runzeln, wenn Berufung und Revision oder Kläger und Beklagte mit Angeklagten verwechselt werden; viel schlimmer sind aber Berichte über „Meinungen“ eines Gerichts oder eine „möglicherweise rechtswidrige Abschiebung“ des angeblichen Bin-Laden-Leibwächters, dessen Abschiebung ganz offenkundig grob rechtswidrig war, was auch gerichtsfest klargestellt wurde.
Wer die Rechtsprechung bei seiner journalistischen Arbeit ignoriert oder schlampig behandelt, der sägt damit nicht nur am Rechtsstaat, sondern zugleich auch an dem Ast, auf dem alle Journalistinnen und Journalisten sitzen. Wesentliche Grundkenntnisse zur Rechtsstaatlichkeit, über das Grundgesetz und die Arbeit von Gerichten sollten eigentlich zur Basisausbildung von Journalistinnen und Journalisten gehören.
Bedauerlich ist allerdings, dass nicht nur Medienschaffende häufig mit mangelnden Kenntnissen auf diesem Gebiet in die Öffentlichkeit treten, sondern sogar auch Politiker. Seriöser Journalismus sollte seine Wächterfunktion auch dadurch definieren, dass er die Einhaltung der Verfassung und ihrer Grundsätze überwacht und einfordert. Gerade hier gäbe es genau jetzt eine Menge journalistische Arbeit zu erledigen.

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